Die schöne Kleopatra

Lisa Schneiders zweiter Fall – Eine Krimi-Reihe von Ingrid Reidel

Die kriminalistischen Fälle der Lisa Schneider – Band 2 von Ingrid Reidel

Martina Ohler

Reidel_Kleopatra_1682201721

Lieferbar seit 28. August 2023

Die schöne Kleopatra

Leseprobe

»Also, Herr Sonnenschein, irgendetwas ist mit dieser Leiche hier nicht in Ordnung.« 
Lisa zog die grelle Lampe in dem weiß gekachelten Raum näher zu dem Edelstahltisch herunter. Dabei rutschte ihr der obligatorische Federhut in die Stirn, ohne den sie auch im Sommer nie außer Haus ging.
»Was sagten Sie, Herr Sonnenschein? Herzstillstand?« Sie betrachtete sich die Tote noch genauer. »Meine Güte, ich kenne sie doch. Elvira. Elvira Scholz.«
Sonnenschein nestelte an seiner Krawatte mit dem pinkfarbenen Sargaufdruck, dem Firmenlogo, herum. »Frau Schneider, hören Sie, Sie verwechseln hier etwas.«
Lisa näherte sich weiter der Leiche, wobei sie den Hut geraderückte, und rümpfte die Nase. »Dann der komische Geruch. Das kommt mir bekannt vor. Und sehen Sie doch, Herr Sonnenschein. Hier neben dem Mund, das Rinnsal? Das gibt mir zu denken. Schaum. Wissen Sie, was das heißt?«
Sonnenschein ließ die Krawatte herunterfallen. Er atmete hörbar aus. »Frau Schneider …«
»Das heißt, sie hat kurz vor dem Tod nach Luft gerungen. Kann sein, bei Herzstillstand. Muss aber nicht. Und dann die aufgequollene Haut über dem Sternum?«
»Wo?«
»Brustbein.«
Sonnenschein stöhnte. »Frau Schneider, wir sind doch hier nicht die Rechtsmedizin, sondern ein ganz normales Bestattungshaus. Und nun sollten wir weitermachen.«
»Aber sehen Sie doch, der Notarzt hat es noch nicht einmal für nötig befunden, ihr die Gummihandschuhe auszuziehen.« 
»Das machen ja wir hier jetzt, Frau Schneider. Ich habe Sie hier eingestellt, weil ich Sie für besonnen hielt. Jedenfalls für besonnen genug …«
»Für die ästhetisch wie auch hygienisch einwand­freie Versorgung eines Verstorbenen beziehungs­­­weise – in unserem Fall – einer Ver­stor­benen.« 
Lisa strich eine Locke aus dem Gesicht der Toten und folgte Sonnenscheines Blick hinüber zum Kleiderständer im Eck. 
Er deutete auf ein mit Pailletten besticktes, kurzes Kleidchen. »Der Auftrag vom Neffen. Von Amazon.«
»Amazon, Herr Sonnenschein? Es heißt Amazonas. Und zweitens hätte Elvira im Lebtag nie so einen Fummel angezogen. Und drittens hätte ich vermutet, dass der Neffe ganz in der Nähe wohnt und nicht irgendwo im Regenwald, wo er am Ende noch von Krokodilen gefressen wird.« 
Sonnenschein wischte sich mit der Krawatte über die Stirn. »Himmel, Frau Schneider, haben Sie immer noch keinen Laptop?« 
»Sie meinen dieses Kästchen, Herr Sonnenschein, womit man die ganze Welt besehen kann?« 
»Ja, genau das. Das Kästchen, womit man die ganze Welt besehen kann. Auch wenn man Krankenschwester war …« 
»Ist, Herr Sonnenschein, ist. Sogar Kinderkrankenschwester. Sehen Sie, Herr Sonnenschein, seinen Beruf legt man doch nie ab. Selbst wenn man in Rente ist, so wie ich. Ich sage immer, Beruf ist Berufung. Sie verspüren doch auch Lust, wenn Sie wieder jemanden unter die Erde bringen, nicht wahr?«  
Sonnenschein ging zu der kleinen Minibar im Eck hinüber und öffnete sie. »Trinken wir einen auf die alte Scholz. Sie hat’s hinter sich.« 
»Aber Herr Sonnenschein, Sie wissen doch, ich trinke nicht, jedenfalls nicht am Tag«, warf sie ihm hinterher. »Und Sie sollten auch keinen Alkohol trinken, Herr Sonnenschein, und mehr auf Ihre Gesundheit achten. Man weiß doch, wie sehr der Alkohol dem Blutdruck schadet. Und das kann für das Herzkreislaufsystem gefährlich werden. Leberschäden, Nierenschäden – Gesundheit ist alles. Das sage ich Doktor Brinkmann auch immer. Er trinkt zwar nicht, aber schlingt immer so bei den Mahlzeiten. Willi dagegen hat’s mit dem Auspuff. Nur Henry mit seiner Körnerkost ernährt sich gesund, als Einziger von meinen Freunden.« 
Sonnenschein nippte an dem Piccolo, den er sich gerade aus der Minibar herausgeholt hatte, und stellte das Glas auf die Anrichte daneben zurück. 
Er lief zur Tür. 
»Also, Frau Schneider«, sagte er, »ich sollte Sie jetzt besser allein lassen. Sie machen sicher wieder etwas Schönes aus der Leiche.« 
Dann verschwand er aus dem weiß gefliesten Raum.

 

“Die schöne Kleopatra” – Die kriminalistischen Fälle der Lisa Schneider – Band 2
von Ingrid Reidel

148 Seiten, Format 10,5 x 14,8 cm, Broschur

Preis: 7,50 EUR (D), 7,80 EUR (A)

lieferbar – erhältlich im Buchhandel oder im Online-Shop


PMLakeman-Verlag

ISBN 978-3-9823727-3-0

 

Group-73.png

Die Lisa-Schneider-Reihe von Ingrid Reidel

Die kriminalistischen Fälle der Lisa Schneider werden fortgesetzt im Laufe des Jahres.

Beim Klick auf den Titel geht’s zum Online-Shop.

Die kriminalistischen Fölle der Lisa Schneider

Lisa Schneiders erster Fall

5/5

Die kriminalistischen Fölle der Lisa Schneider​

Lisa Schneiders zweiter Fall

5/5

Die kriminalistischen Fölle der Lisa Schneider​

Lisa Schneiders dritter Fall

5/5
© Volker Nau

Die Autorin Ingrid Reidel

Die Weinheimer Autorin Ingrid Reidel wurde mehrmals ausgezeichnet. Sie stand auf der Shortlist der Wiener Kriminacht, war im Finale der Art Experience in Baden bei Wien und gewann den Deutschen Kurzkrimi-Preis Tatort Eifel. Ingrid Reidel ist Mitglied bei den Mörderischen Schwestern und den Bloody Maries.