Die Aventüren des Hermann-Joseph Schnabeltasse von Matthias Alexander Wolf
Illustration von Reinhard Geller
Lieferbar seit 17. Mai 2023
Wenn die Lieb’ kommt ...
Die Aventüren des Hermann-Joseph Schnabeltasse – von Matthias Alexander Wolf
»Gestatten Sie, daß ich mich vorstelle, gnädige Frau.
Schnabeltasse mein Name, Hermann-Joseph Schnabeltasse.
Joseph mit ›ph‹ bitte.
Ich weiß, mein Name ist etwas ungewöhnlich.
Ich sehe Sie in Verlegenheit. Dürfte ich Ihnen vielleicht mit etwas Kleingeld aushelfen?«
Der kauzige, gehemmte Kriminaloberrat ahnt nicht, wieviel Schlaf ihn dieses Kleingeld kosten und wieviel Verzweiflung es ihm bereiten wird.
Wie es dazu kommt? Das erfahren Sie in der Leseprobe …
I. Ein ungewöhnlicher Antrag
Nie hätte sich Hermann-Joseph Schnabeltasse träumen lassen, daß ein blecherner Fahrkartenautomat sein Leben verändern könnte.
Sein Dasein als Kriminaloberrat im Hessischen Landeskriminalamt ist nicht aufregend. Es beschert ihm überwiegend Büroarbeit und verläuft in gleichmäßigen Bahnen. Schon seit vielen Jahren wohnt er als »möblierter Herr« – das gibt es noch – bei Fräulein von Klarenthal, einer sehr alten Dame, welche Wert auf die Anrede als »Fräulein« legt. Auch das gibt es noch.
Herr Schnabeltasse ist ein durchaus ansehnlicher, stattlicher, kräftiger Mann im besten Alter, wie man so sagt, wenn jemand die fünfzig schon überschritten hat. Indes: Er hat Angst vor Frauen. Seit seiner Pubertät schnürt sich ihm der Hals zu, wenn er mit einer weiblichen Person alleine ist, die im entferntesten als Freundin, Partnerin, Frau, infrage käme. Sein Herz rast, er wird tiefrot, schwitzt und zittert. Dies ist ihm die größte Last seines Lebens.
Gerade steht er vor einem Fahrkartenautomaten. Ratternd fallen die Münzen schneller in den Ausgabeschacht als die Dame vor ihm sie einwerfen kann. Der Aufprall hallt in der leeren U-Bahnstation nach. Hinter der Dame wartet Herr Schnabeltasse, bis er an der Reihe ist. Die rückwärtige Ansicht selbiger Dame weckt sein Interesse. So verharrt er in Betrachtung versunken, ohne Eile.
Nun versucht die Dame, ihr Billett mit einem Geldschein zu bezahlen. Der grün-bläuliche Blechkasten – die Bezeichnung dieser, die Augen schmerzhaft berührenden Farbe ist nur Eingeweihten bekannt – zeigt sich weiterhin ungnädig. Er gibt den Schein dreimal zurück. Die U-Bahn ist inzwischen eingetroffen und gerade wieder losgefahren. Die Station ist verlassen. Eine Maus zieht raschelnd ein Bonbonpapier in eine Ritze zu ihrem Versteck.
Die Dame dreht sich um. Ihre Augen voller Strahlkraft sitzen in einem hübschen, bleichen Angesicht, das unverkennbar einige Lebensspuren birgt. Das schwarze Haar, wohl nicht mehr in der Naturfarbe, umrahmt dieses Antlitz und vervollständigt das Bild eines Schneewittchens, das schon eine erwachsene Tochter haben könnte. Ein Ex-Schneewittchen, schießt es Herrn Schnabeltasse durch den Kopf. Ein Ex-Schneewittchen, das seinen Reiz über die Jahre bewahrt hat.
Er richtet seine Aufmerksamkeit mit Entzücken auf das Profil der Dame – das Profil ihres Gesichts selbstredend, Hermann-Joseph Schnabeltasse ist ein feiner Herr – und ihn durchfährt ein Schauer.
Die Dame in Kamelhaarmantel und Kaschmirschal zuckt hilfesuchend mit den Schultern. Herr Schnabeltasse bemerkt, wie sie an ihm heruntersieht. Das verunsichert ihn. Unter seinem wadenlagen Lodenmantel trägt er ein Tweedjackett und Breitcordhosen, die allerdings um die Beine etwas zu weit und an Knie und Gesäß ein wenig ausgebeult sind. Seine streng symmetrisch gebundene Seidenkrawatte zeigt ein dezentes Moorhuhnmotiv.
“Wenn die Lieb’ kommt …” – Die Aventüren des Hermann-Joseph Schnabeltasse
von Matthias Alexander Wolf
ca. 196 Seiten, Format 13,5 x 21,5 cm, Hardcover mit Fadenheftung, 2. Auflage 2024
Preis: 19,95 EUR (D), 20,60 EUR (A)
Lieferbar – erhältlich im Buchhandel oder im Online-Shop
PMLakeman-Verlag
ISBN 978-3-9823727-5-4
Der Autor Matthias Alexander Wolf
Matthias Alexander Wolf ist nach einem Studium der Rechtswissenschaft und Romanistik seit vielen Jahren in Frankfurt am Main als Wirtschafts- und Steueranwalt tätig. Er lebt in Bad Homburg vor der Höhe, wo er immer öfter die Anwaltsrobe mit dem Schlafrock des Schriftstellers vertauscht.